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von Juliane Hünefeld-Linkermann, IHK >> Doch wir merken: Diese klassischen Formate errei- chen Jugendliche immer weniger. Wer glaubt, Jugendliche ließen sich über E-Mails zu zweistün- digen Online-Events oder einem langen Vortrag motivieren, verkennt ihre Lebenswelt. Berufs- orientierung muss Erlebnischarakter haben und echte Praxiserfahrungen ermöglichen. Deshalb entwickeln wir unser Konzept in den kommenden Monaten grundlegend neu und setzen auf authen- tische Begegnungen und viel mehr Praxiserfahrun- gen, etwa mit der erneuten Fahrt zur IdeenExpo in 2026 mit der gesamten Schulgemeinschaft. _Ab wann beginnt die Berufsorientierung an Ihrer Schule – und warum halten Sie diesen Zeit- punkt für richtig? Formal ab Klasse 5 mit der ersten Teilnahme am Zukunftstag. Entscheidend ist aber, dass wir Gym- nasien ergebnisoffen vorbereiten. Nicht alle gehen bis zum Abitur, viele wählen bewusst eine Ausbil- dung. Bewusst provokant gesagt: Mindestens die Hälfte der Schülerinnen und Schüler ist am klassi- schen Gymnasium falsch aufgehoben – nicht we- gen mangelnder Begabung, sondern weil das Sys- tem an den Bedarfen vorbeibildet. Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Akademische Tätigkeiten ge- raten durch Künstliche Intelligenz unter Druck, handwerkliche Berufe bleiben gefragt. Ich halte es für sinnvoll, ab Klasse 9 wirklich in die Tiefe ein- zusteigen und vielfältige Praxiserfahrungen zu ermöglichen. _Wie gelingt es Ihnen, auch die Eltern aktiv in diesen Prozess einzubeziehen? Eltern begleiten den Zukunftstag, informieren sich auf Elternabenden und bringen eigene Berufsfelder ein. Ihre Rolle ist wichtig, aber ambivalent: Häu g werden vertraute Wege wiederholt. Wertvoll ist, wenn Eltern Mut machen, Neues zu wagen und _Was hat Sie ursprünglich dazu bewogen, Schul- leiter zu werden – und was begeistert Sie bis heute? Mich hat von Beginn an gereizt, Verantwortung zu übernehmen und Schule aktiv zu gestalten. Leitung bedeutet für mich nicht nur Organisation, sondern vor allem Entwicklung: Zusammenarbeit fördern, wo sie sich nicht von selbst ergibt, Prozesse ef zi- enter machen, Kon ikte entscheiden und die Schu- le als Ganzes zukunftsfähig aufstellen. Natürlich sind die Spielräume für Schulleitungen begrenzt. Aber meine Erfahrung hat gezeigt, dass man auch mit kleinen Hebeln viel bewirken kann, und genau das motiviert mich bis heute. Entscheidend ist die Zusammenarbeit mit einem engagierten Kollegium. Das Umfeld, in dem ich arbeiten darf, ist Antrieb und Bestätigung zugleich. _Die Berufsorientierung spielt an Ihrer Schule eine zentrale Rolle. Welche konkreten Angebote machen Sie Ihren Schülerinnen und Schülern – auch im Hinblick auf die Berufsausbildung? Berufsorientierung verfolgen wir seit Jahren syste- matisch. Zukunftstag, Bewerbungstraining, Pro l- AC, Praktikum, Kooperation mit der Agentur für Arbeit und Besuche im Berufsinformationszentrum oder von Berufsmessen sind feste Bestandteile. Seit 2018 leitet Nils Fischer das Osnabrücker Gymnasium „In der Wüste“. Neben langjähriger Berufserfahrung bringt er einen Master in Bildungs- und Wissenschafts- management mit – eine Kombination, die ihn besonders für die Herausforderungen moderner Schulentwicklung qualifiziert. Ein Herzensthema: die Berufsorientierung. 15 | Foto: IHK/Jette Golz „Wertvoll ist, wenn Eltern Mut machen, Neues zu wagen.“

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