IHK Magazin 05/24

lichen Mehrheit der regionalen Betriebe die Sicherstellung der Energieversorgung sowie der Schutz vor digitalen und analogen Angriffen ganz oben auf der Agenda nach der EU-Wahl stehen. Viele der jüngst umgesetzten oder geplanten Gesetzesinitiativen wie der unilaterale CO 2 -Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) oder die Einführung eines KMU-Standards für die Nachhaltigkeits- berichterstattung werden hingegen mehrheitlich kritisch gesehen. IHK: Interessenvertretung direkt in Brüssel Damit die unternehmerische Perspektive in den EU-Gremien berücksichtigt wird, ist die IHK-Organisation seit 1961 mit einem eigenen DIHK-Büro in Brüssel vertreten. 17 Mitarbeiter kümmern sich dort um Themen wie EU-Binnenmarkt, Handels- und Regio- nalpolitik sowie Umwelt- und Energiepolitik. Das Team verfolgt neue Gesetzesinitiativen, bringt die IHK-Positionen in die Diskus- sionen in Kommission und Parlament ein – und spielt die Entwick- lungen zurück in die bundesweiten IHKs. Leiterin der DIHK-Vertre- tung bei der EU in Brüssel ist Freya Lemcke. Sie sagt: „Oberstes Ziel muss die Verbesserung der Attraktivität des Standortes Europa sein. DIHK-Umfragen zeigen, dass Deutschland zuletzt massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat.“ Als eine Ursache sieht sie u. a. die umfassenden Regulierungen durch die EU und das Fehlen effektiver Schritte, um Unternehmertum in der EU zu erleichtern. „Die EU hat eine starke wirtschaftliche Basis und durch den integ- rierten Binnenmarkt auch im globalen Vergleich viele Vorteile. Wir brauchen nun Maßnahmen, die in Zukunft für erschwingliche und sichere Energie sorgen, die Planungssicherheit für Investitionen und Zukunftstechnologien wie KI schaffen, die Fachkräfte sichern und die überbordende Bürokratie abbauen“, so Lemcke – und Freya Lemcke leitet das DIHK-Büro in Brüssel und ist in Kürze bei unserem „EU-Lunch-Talk“ zu Ga st (s. Seite 24). EU-Beitritt geschaffenen polnischen Sonderwirtschaftszonen hät- ten der polnischen Wirtschaft einen Schub gegeben und für Inves- toren attraktiv gemacht. Bei allen Vorteilen des EU-Binnenmarktes dürfe jedoch nicht verschwiegen werden, dass die EU einen gewal- tigen bürokratischen Apparat aufgebaut habe, legt Wolfgang Strautmann den Finger in die Wunde. „Es gibt eine Reihe von bürokratischen Hürden, die die Unternehmen belasten und zur Folge haben, dass innerbetriebliche Prozesse aufgebaut werden müssen, die unnötig Kosten verursachen“. Alarmierend ist: Für knapp zwei Drittel der regionalen Unterneh- men ist die Attraktivität der EU als Unternehmensstandort in den vergangenen fünf Jahren gesunken. Nahezu alle Betriebe sehen dabei dringenden Handlungsbedarf beim Bürokratieabbau. Das zeigt beispielsweise die „One in, one out“-Regel, die die EU-Kom- mission als Ziel ausgegeben hatte und die als dringend benötigte Bürokratiebremse dienen sollte. Mit der Umsetzung kommt die EU jedoch nicht voran – im Gegenteil. Statt weniger kommen immer neue Vorgaben aus Brüssel. Das zeigt sich etwa am Beispiel Klima- neutralität: Um das europäische Nachhaltigkeitsziel zu erreichen, braucht es nicht nur einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien und ihrer Infrastruktur sowie eine sichere, günstige und grüne Energieversorgung für die gesamte Wirtschaft. Gleichzeitig müssen Bürokratielasten reduziert werden, damit Betriebe mehr Ressourcen für die klimagerechte Umgestaltung ihrer Geschäftsaktivitäten ha- ben. Doch davon ist Europa gegenwärtig weit entfernt: Stattdessen sind durch den europäischen Green Deal, mit dem die EU-Mitglied- staaten bis 2050 klimaneutral werden wollen, für die Unternehmen zahlreiche neue Berichts- und Informationsp ichten entstanden. Neben dem Abbau von Bürokratie sollte nach Ansicht einer deut- Zieht Ihr Unternehmen Nutzen aus einem der folgenden Aspekte der europäischen Integration? (Hoher) Nutzen bei folgenden Aspekten: Gemeinsamer Währungsraum, Wegfall von Wechselkursrisiken 94,2 Politische Stabilität 94,1 Einheitliche EU-Normen und Standards (z. B. Industriestandards) 82,4 Fachkräftegewinnung aus anderen EU-Mitgliedstaaten 76,5 Zugang zu europäischen Märkten 73,6 Gemeinsame Handelspolitik: Marktzugang zu Dritt- ländern und EU-Freihandelsabkommen, Zollunion 70,6 Zugang zu europaweiten Finanzierungsmöglichkeiten 47,1 Zugang zu EU-Förderprogrammen 73,5 Weniger Wettbewerbsverzerrungen durch Angleichungen der nationalen Rechtsrahmen 75,8 Kumulierter Anteil der Antworten „ja, großer Nutzen“und „ja, geringer Nutzen“– Werte in Prozent IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2024: Der Nutzen der europäischen Integration ist hoch. | 12 Osnabrück | Emsland | Grafschaft Bentheim | Mai 2024 IM FOKUS | #GemeinsamEuropaGestalten

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